Kreativität

Hochsensible Menschen sind oft sehr kreativ, lieben Kunst, Musik und Ästhetik. Ich kann mir vorstellen, dass viele Menschen mit kreativen Berufen wie Texter, Grafiker, Architekt, Fotograf, Schauspieler oder Schriftsteller* hochsensibel sind. Untersuchungen mit der fMRT-Methode belegen, dass manche Bereiche im Gehirn bei der Sinnesverarbeitung aktiver sind als bei anderen Menschen. Die Vorstellungskraft ist enorm, da so viele Reize vom Gehirn bzw. Nervensystem aufgenommen werden.

In kreativen Berufen kommt es meiner Meinung nach auf Sensibilität an. HSP haben so ein gutes Auge für Details und so eine gute Beobachtungsgabe, dass genau das sie von anderen unterscheidet. Ich habe auf dem Blog „Vanilla Mind“ von Melina Royer folgenden Satz gefunden, den ich sehr passend finde:

Außerdem können sich Hochsensible sehr gut auf ihre Kunden einstellen. Sie haben ein feines Gespür für Zwischenmenschliches und können sich gut in ihr Gegenüber hineinversetzen. Sie hören genau zu und können deswegen mitunter besser einschätzen, was zu den Bedürfnissen ihres Kunden passt„.

Die eigene Traumwelt schaffen

Meine Kreativität hat sich schon früh gezeigt. Ich habe gerne und viel gelesen und im Grundschulalter lange, fantasievolle Aufsätze geschrieben, die meine Lehrerin das eine oder andere Mal der Klasse vorgelesen hat. Auf der weiterführenden Schule fing ich an, fast täglich Tagebuch, Geschichten und Drehbücher zu schreiben. Einmal haben wir uns dafür mit ein paar Mitschülern* getroffen, die Rollen aus einem Drehbuch verteilt und dann das Ganze auf Kassette aufgenommen. Ich war großer Fan der Boyband „Take That“ und wollte immer ganz genau wissen, wovon die Texte handeln und habe war beim Hören in meiner ganz eigenen (Traum-)Welt. Das hat mich vor vielem beschützt.  Damals musste man noch händisch Vokabeln im Wörterbuch nachschlagen, so habe ich auch gut Englisch gelernt (und später auch Englisch studiert).

Lieber schreiben statt reden

Recht spät kam bei mir der Wunsch auf, journalistische Texte/Artikel zu schreiben und ich machte mit 30 Jahren ein Praktikum bei einer lokalen Wochenzeitung. Im Anschluss schrieb ich dort dann freiberuflich über Events in meiner Stadt sowie für eine bekannte Tageszeitung (WAZ). Ein paar Jahre später durfte ich dann auch für ein größeres Magazin Artikel über verschiedene Themen verfassen. Manchmal würde ich behaupten, dass ich lieber schreibe als rede und das hat bestimmt mit meiner Hochsensibilität zu tun. Auf dem Papier kann ich meine ganzen Gedanken, die oft in meinem Kopf wild umherschwirren, besser ordnen und genau überlegen, wie ich formuliere. Das strengt mich nicht so an als wenn ich das in einer Konversation relativ schnell tun muss. Ich liebe schöne Dinge, Dekoration und dezente Farben, shoppe gerne neue Kleidungsstücke und alles muss immer gut zusammenpassen.

Fokus auf nur eine Sache fällt HSP schwer

Ich habe schon häufiger gehört und kenne dies auch nur zu gut von mir selbst: Es fällt Hochsensiblen durch häufige Mehrfachbegabung schwer, sich nur auf eine Sache zu konzentrieren und den richtigen Beruf oder Berufung zu finden. Wissenschaftlerin Trappmann sagt dazu auf ihrer Website: Oft erlebe ich auch, dass eine Unsicherheit herrscht, welche der vielen Interessen oder Begabungen als Lebensgrundlage dienen könnten. Ich treffe dabei auf künstlerisches Talent, heilerische Begabungen, Fähigkeiten im Tanz oder im Schreiben“.

Nobody is perfect

Hochsensible Personen sind sehr sorgfältig und genau. Ein gutes Gespür für richtig und falsch ist bei ihnen ausgeprägt und sie sind Gerechtigkeitskämpfer. Sie haben starke Prinzipien, sind sehr gewissenhaft und besitzen eine große Reflektionsfähigkeit. Die Ansprüche an sich und andere sind groß und sie haben hohe moralische Werte. Dies kann aber durchaus zu Perfektionismus führen und da wird es dann kritisch.

80 Prozent statt Perfektionismus

Ich muss immer alles analysieren und will das WARUM herausfinden. Ich will verstehen, wieso Dinge so sind oder warum ein Mensch so ist wie er ist. Psychologie interessiert und fasziniert mich sehr. Ständig mache ich mir Gedanken und Sorgen. Das ist schon belastend, wenn man das nicht ausschalten oder mindern kann. Ich kann mich sehr gut selbst reflektieren und sehr hart zu mir selber sein. Das Bestreben nach Perfektionismus hat mich mein halbes Leben lang (an)getrieben und heute kann ich sagen, dass dadurch Unzufriedenheit, Unglücklichsein und Frust vorprogrammiert sind. Es ist nicht überraschend, dass ein perfekter Zustand nicht zu erreichen ist und es nimmt einem die Lebensfreude. Ein Prinzip, das mir hilft, ist das „80 Prozent-Prinzip“. Auch wenn ich gerne 100 Prozent erreichen würde, so reichen auch 80 Prozent völlig aus und das ist immer noch mehr als der Durchschnitt schafft.

*alle Geschlechter sind gemeint